Die Burg erzählt
In den mittelalterlichen Urkunden erscheint Botzlar in vielen unterschiedlichen Schreibweisen, zum Beispiel Bozlare, Bozlere, Boslere, Boslare, Bosler, Buoslare, Bozlar. Bereits ab 1250 bezeichneten sich die Herren von Meinhövel als „von Botzlar“, ein Hinweis darauf, dass dort bereits zu diesem Zeitpunkt ein Adelssitz bestand. Am 8. November 1282 verkaufte Gottfried von Meinhövel die Burg Botzlar im Kirchspiel Selm an Bischof Everhard von Münster.
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Die Fürstbischöfe von Münster sicherten als Landesherren im 13. Jahrhundert ihre südliche Grenze mit den Burgen Botzlar, Rechede und Patzlar. Zum Dienst auf diesen Landesburgen wurden zumeist Adelige als Burgmannen verpflichtet. Als Gegenleistung erhielten sie eine bäuerliche Hofstelle als Lehen und konnten so ihren Lebensunterhalt aus den landwirtschaftlichen Erträgen erwirtschaften. Botzlar verfügte mit seinen umliegenden Ländereien (Beifang) über ein eigenes Gericht, auf dem das Kollegium der Burgmänner richtete und das von dem Gogericht (Vorläufer der heutigen Amtsgerichte) in Werne ausgenommen war. Erst im 15. Jahrhundert verschmolz es mit dem bischöflichen Gericht in Werne. Der Name Beifang hat sich als Bauernschaftsname bis heute erhalten.
Aufgrund verwandtschaftlicher und politischer Bündnisse befanden sich die Bischöfe von Münster in steten Konflikt mit den Grafen von der Mark. Dieser Konflikt war für die Bischöfe mit hohen Kosten für die weitere Befestigung ihrer Burgen verbunden und zwang sie Besitztümer zu verpfänden oder zu veräußern. Im Zuge einer Fehde zwischen Bernhard Wulf zu Lüdinghausen und dem Grafen Engelbert von der Mark wurde Botzlar 1305 in Brand gesetzt und zerstört.
Nach dem Wiederaufbau der Burg verpfändete Bischof Ludwig am 23. Juni 1315 Burg Botzlar an Hermann von Münster zu Meinhövel, dem Schwiegersohn des vormaligen Eigentümers.
LAV NRW Westfalen, U 134 u 6 Gesamtarchiv von Landsberg-Velen (Dep.), Botzlar – Urkunden, Nr. 6
Regest: Ludewicus, Bischof von Münster, verpfändet mit Einverständnis des Domkapitels sein Schloß Boslar mit dem Hof Boslar, der Mühle, der Fischerei auf der Lippe usw. dem Ritter Hermannus de Monasterio als Offenhaus, wobei diesem nach Wiedereinlösung eine Rente aus dem Hof Selehem, vermehrt um eine Rente aus dem Hof Bocholte zufallen soll, welche beide zu einem Burglehn auf der area gehören sollen, die Hermann von Bernhardus dictus Crampe miles erworben hat. Er belehnt Hermann mit dem Hof Selehem, unter der Bedingung, das sogen. Underwassenholt nicht zu zerstören.
Siegelankündigung des Bischofs. und Domkapitels.
Zu obiger Urkunde gehört:
Am 29. März 1328 schenkte Bischof Ludwig mit Einverständnis des Domkapitels, Hermann von Münster und seinem Sohn 30 Mark um Botzlar weiter auszubauen.
LAV NRW Westfalen, U 134 u 8 Gesamtarchiv von Landsberg-Velen (Dep.), Botzlar – Urkunden, Nr. 8
Regest: Ludowicus, Bischof von Münster, schenkt mit Einverständnis des Domkapitels dem Ritter Hermannus de Monasterio und seinem Sohn Hermannus 30 Mark, um das steinerne Haus zu Boetzlere um 16 Fuß zu erhöhen.
Botzlar blieb im Besitz der Familie von Münster, sei es durch die Pfandschaft von 1315 oder durch spätere Belehnung, die dann in erblichen Besitz überging. 1369 wurde Botzlar erneut von den Grafen von der Mark zerstört. Zehn Jahre später, am 6. Juli 1379 gestattete der Münsteraner Bischof Potho bei der Burg Botzlar eine Kapelle und einen Friedhof zu bauen.
LAV NRW Westfalen, U 134 u 28 Gesamtarchiv von Landsberg-Velen (Dep.), Botzlar – Urkunden, Nr. 28
Regest: Potho, Bischof zu Münster, gestattet die Errichtung einer Kapelle und eines Friedhofs im Ksp. Zelhem (Selm) bei der Burg Boeslere ohne Beeinträchtigung der Rechte der Pfarrkirche.
Siegelankündigung des Bischofs, des Archidiakons Henricus de Solmysche und des Abtes Heinrich zu Werden als Collator der Kirche in Selhem auf Bitten des Barnhardus Koeckeboen, Rektors der Kirche in Selhem, der kein eigenes Siegel führt.
Von 3 anhängenden Siegeln nur das des Abtes Heinrich erhalten.
Auch gegen Ende des 14. Jahrhunderts geriet die Burg Botzlar im Rahmen einer Fehde in den Blick. Nachdem Otto von Hoya am 11. April 1392 zum Bischof von Münster gewählt worden war, bemühte er sich der Fehde gegen die Grafen von Kleve und Mark, in die sein Amtsvorgänger Heidenreich als Bundesgenosse Kölns verstrickt war, zu entledigen. Auf dem Weg nach Lünen, wo Verhandlungen mit dem Grafen von Kleve stattfinden sollten, wurde er und sein Tross nachts im Kloster Cappenberg überfallen. Während viele seiner Begleiter getötet wurden, konnte sich der Bischof auf die Burg Botzlar retten. Anders als zunächst vermutet steckte hinter dem Überfall nicht Graf Adolf von Kleve, sondern sein Vetter Johann von der Mark-Arenberg. Adolf bestrafte die Schuldigen und legte mit dem Frieden von Horn den Konflikt bei.
In der Stiftsfehde von Münster (1450-1457) zwischen Bischof Walram und der Stadt Münster stand die Familie von Münster zu Botzlar auf Seiten des Bischofs. Mit der Urkunde vom 14. Mai 1456 schenkte Walram der Familie von Münster zur Abgeltung der Verluste, die sie in bischöflichen Diensten erlitten hatte, Geld zur Ausbesserung von Botzlar.
LAV NRW Westfalen, U 134 u 47 Gesamtarchiv von Landsberg-Velen (Dep.), Botzlar – Urkunden, Nr. 47
Regest: Walraven van Moirse, Bischof zu Münster, verschreibt dem Johan Aschebrock, Sohn Johanns, Geld auf das in schlechtem Zustand befindliche Schloß Boesler (das früher + Bischof Lodewich dem + Ritter Hermann van Munster zusammen mit den Höfen zu Boesler und Selm verpfändet hat), nachdem Johann seine Tochter dem Hynrike van Munster, Sohn + Berndes, geben will. Das Geld soll zur Ausbesserung des Schlosses und der Höfe dienen und den Schaden abgelten, den Johann in bfl. Diensten an seinen Gütern im Ksp. Amlickburn erlitten hat.
Siegelankündigung des Bischofs und Domkapitels.
Rest des bischöflichen Siegels. Großes domkapitul. Siegel.
Hermann von Münster übertrug am 3. Januar 1459 Botzlar an Johann, den Sohn seines Bruders.
LAV NRW Westfalen, U 134 u 52 Gesamtarchiv von Landsberg-Velen (Dep.), Botzlar – Urkunden, Nr. 52
Regest: Herman van Monster, Sohn Hynrickes, wohnhaft zum Boesler, bekundet, früher mit den Kindern seines Bruders, nämlich Johan, Hinrich und Elseke van Monster in der Weise geerbteilt zu haben, daß Johan und Elseke die Güter in der Grft. Benthem und der Herrschaft Rünen, Hinrick die Güter bei Lüdinghusen mit dem Boseler haben sollten, daß er ferner bei Verabredung der Ehe Hinricks van Münster mit + Sander, der Tochter Johann Aschebrocks versprochen hat, ihnen das Haus Boseler zu übergeben und dieses Versprechen bei der Eheschließung Johans mit Katherynen, ebenfalls Tochter Johann Aschebrocks, umgestoßen hat, indem jetzt Johann den Boseler haben soll mit den Gütern bei Ludinghusen und Hinrik und Else die Güter in der Grft. Bentheim und Herrschaft Rünen.
Siegelankündigung Herm. v. Münster, Joh. und Heinr. v. Münster, Gerd und Aleve van Bodelswynge (Gebrüder), Herm. van Monster to Dale, Joh. Ovinge d. J.
Zur Abb. Urkunde U_134_u_52 gehören die Abb. der Siegel:
In einer Urkunde des Abts des Stifts St. Ludger zu Werden vom 2. Juni 1541 erscheint Jacob von Münster zu Botzlar als Lehnsempfanger.
LAV NRW Westfalen, U 134 u 174 Gesamtarchiv von Landsberg-Velen (Dep.), Botzlar – Urkunden, Nr. 174
Regest: Hermannus, Abt des Stifts St. Ludger zu Werden, belehnt Jacob van Munster tem Boesler zu Dienstmannsrecht mit dem Gut Ikeraide im Ksp. Olffen und zu Mannlehnrecht mit dem 4. Teil der Buddenhove im Ksp. Selhem.
Zeugen: Johan Bungart, Schöffen zu Werden; Clais van Tytz.
Siegelankündigung d. Abts.
Zu obiger Urkunde gehört:
Nach dem Tod Jacobs verzichtet seine Witwe Anna Morrien, da ihre Ehe kinderlos geblieben war, in der Urkunde vom 15. April 1556 zu Gunsten ihrer Schwägerin Katharina von Münster auf alle Ansprüche am „Haus Boesler“.
LAV NRW Westfalen, U 134 u 182 Gesamtarchiv von Landsberg-Velen (Dep.), Botzlar – Urkunden, Nr. 182
Regest: Vor dem Offizial zu Münster verzichtet Anna Morrien, Witwe Jacobs van Münster, mit ihrem Vormund Bernhard Morrien, Domherrn zu Münster, ihrem Vetter, auf alle Ansprüche an das Haus Boesler im Ksp. Selhem, nachdem sie sich durch Vermittlung des Bischof Wilhelm von Münster mit den Geschwistern Catharina und Agnes van Münster verglichen hat, laut inserierter Urkunde vom 28.03.1556.
Siegelankündigung des Offizials.
Zeugen: Hermann Morrien, Domvikar; Diderich van Elen, Vikar des Alten Doms; Berndt Rupe, Offiziant der Kapelle U.L.Fr. im Umgang des Doms; Hinrich Vendt Dr. jur.; Johannes Plater, Cameral des Domes.
Unterschriften des Notars Gerhardus Leistinck de Schuttorpio und der Witwe Anna van Münster.
Bereits ab dem 15. Jahrhundert bemühte sich die Familie von Münster die um Botzlar gelegenen Burgmannensitze zu erwerben. Auch Katharina erwarb weitere Burgmannensitze.
LAV NRW Westfalen, U 134 u 191 Gesamtarchiv von Landsberg-Velen (Dep.), Botzlar – Urkunden, Nr. 191
Regest: Vor Engelbert Schomacher, Subdelegiertem des Meister Johann Tegeder, Richters binnen Werne und Olffen und Gograf zu Ascheberg, verkaufen Anna von der Wenge, Witwe Heinrichs von Merveldt, mit ihrem Vormund Johann Alstedde und ihrem Sohn Johann von Merveldt der Catharina von Münster zum Botzlar ihre Burgstätte zum Botzlar zwischen Franz von Bodelschwings zur Sandfort Burgstätte, dem Graben und dem Steinweg.
Siegelankündigung E. Schomachers und Joh. v. Merveldt. Geschehen … in behausunge Henrich Koenings, Vogts zum Boesler, an der Syberschen Heide.
Zeugen: Notar Conrad Schomacher, Wilbrant von Rasfeldt zu Empte, Dieterich von Elverfeldt zum Berge, Henrich Koening d. J., Swithart Kempe. Unterschr. Anna v. d. Wenge, Joh. v. Merveldt, Conrad Schomacher.
In ihrem Testament von 1585 übertrug Katharina ihrer Schwester Anna, der Ehefrau Arnd von Gysenbergs, das Haus Botzlar. Nach dem Tod Annas wurde das Haus Botzlar mit Hof und direkter Umgebung unter den vier Kindern aufgeteilt (1587/88). Eine der Töchter Annas, Mechthild, heiratete Johann von Werminghausen. Diesem und seiner Tochter Anna gelang es, den gesamten Besitz von Botzlar wieder zu vereinen, indem sie die übrigen Anteile aufkauften.
LAV NRW Westfalen, U 134 u 201 Gesamtarchiv von Landsberg-Velen (Dep.), Botzlar – Urkunden, Nr. 201
Regest: Vor dem Offizial zu Münster verkauft Johann von Gisenberg zur Henrichenburg der Anna von Werninckhausen, Witwe Heinrichs von Ascheberg zu Gottendorp den 4. Teil des Hauses Botzlar mit Zubehör, Fischerei auf der Lippe, Probe, Maß und Saat in Selm (1/2), alles im Ksp. Bork und Selm gelegen, wie es ihm erblich von seiner Mutter Catharina von Münster zugefallen ist. Er verspricht, ihr die Belehnung mit der Buddenhove zu verschaffen.
Siegelankündigung des Offizials.
Zeugen: Wolterus Hane, Fredericus Nierman, Diener der Siegelkammer. Unterschriften des Notars Caspar Rexinck, Joh. v. d. Gisenberg und Frau Hellenberg von dem Roemberg Frau von dem Gisenberg.
Anna begründete mit ihrem Ehemann Heinrich von Ascheberg zu Göttendorf, die Linie von Ascheberg zu Botzlar. Aus der Zeit Reinhart Hugos von Ascheberg zu Botzlar, ist ein Dokument von 1665 überliefert, welches belegt, dass die Bewohner des Dorfes Selm und des Beifangs Botzlar zum Wachdienst auf Haus Botzlar verpflichtet waren.
Als am 5. September 1730 Anna Pelegrina von Ascheberg den Reichsfreiherrn Hermann Anton von Velen zu Velen, heiratete, fiel Botzlar in Ermangelung männlicher Nachkommen an das Haus Velen.
Da auch ihre Ehe ohne männliche Erben blieb, gelangte Botzlar 1756 durch die Heirat ihrer Tochter Anna Theresia mit dem Reichsfreiherrn Clemens August von Landsberg in Landsbergischen Besitz. Im Zuge des 7-jährigen Krieges, von dem auch Westfalen heimgesucht wurde, berichtete der Rentmeister (Dörste) von Botzlar über die durch die preußischen Dragoner im August und September 1758 angerichteten Kriegsschäden.
Zehn Jahre später wurde Haus Botzlar durch den Freiherrn von Landsberg Velen an Franz Theobald Hildebrand verpachtet.
Vermutlich zur gleichen Zeit wurden die Gebäude auf der Oberburg teilweise abgerissen und in den folgenden Jahrzehnten mit dem heute noch bestehenden Haus Botzlar überbaut. Damit endete die Geschichte der eigentlichen Burganlage.
Quellen und Literatur
Digitale Westfälische Urkunden-Datenbank: Gesamtarchiv von Landsberg-Velen
https://www.lwl.org/westfaelische-geschichte/portal/Internet/urkunden_datenbank/suche/vollansicht_archiv.php?id=119
Westfälisches Urkunden-Buch: Forts. von Erhard’s Regesta historiae Westfaliae. 3,1: Die Urkunden des Bisthums Münster von 1201 – 1300. Hrsg. vom Verein für Geschichte und Alterthumskunde Westfalens. Münster, Osnabrück 1871. https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb10985487?page=626
Das Bistum Münster / im Auftr. des Max-Planck-Instituts für Geschichte. Bearb. von Wilhelm Kohl. – Berlin; New York 1999. 7,1 Die Diözese (Germania sacra; N.F., 37 : Die Bistümer der Kirchenprovinz Köln; 7)
Hachenberg, Wolfgang: Die Gogerichte des Fürstbistums Münster und die Landgerichtsordnung von 1571; Münster 1997. Digitale Edition unter http://repertorium.at/sl/hachenberg_1997.html
Heimatverein Selm (Hg.): Ergänzungen zum Heimatbuch Selm 858-1958. Selm 1990.
Hopf, Hans-Peter: Auf den Spuren unserer Väter, Selm 1815-1975, Heimatbuch Selm 1995. Heimatverein Selm (Hg.). Selm 1995.
Schwieters, Julius: Geschichtliche Nachrichten über den westlichen Theil des Kreises Lüdinghausen, die Pfarrgemeinden Venne, Ottmarsbocholt, Senden, Lüdinghausen, Seppenrade, Olfen, Selm, Bork, Kappenberg und Altlünen, Münster, 1891.
Wittke, Margarete: Alles recht friedlich – Ein adeliger Gerichtsbezirk im 17. Jahrhundert: der Beifang des Hauses Botzlar. Unna 2017.